von Jann Raveling
Wenn niemand die passende Software parat hat, muss man sie selbst entwickeln – auch, wenn man mit Programmierung eigentlich nichts am Hut hat. Wie der Logistiker Hansetrans.
Ein grüner Lkw fährt vom Betriebsgelände, macht sich auf den Weg zur Autobahn. Stets im Blick des Fahrers: Sein Smartphone, das ihn zu seiner nächsten Station navigiert. Plötzlich kommt eine neue Meldung herein. Der Auftrag ist storniert, ein neuer dafür eingeplant. Automatisch aktualisiert sich die Routenplanung, der Fahrer schlägt den neuen Weg ein.
Dieser grüne Lkw gehört zu Hansestrans. Und die Smartphone-App ist ein wichtiger Bestandteil der neuen Software, die der Logistiker mithilfe der Bremer Digitalexperten von HEC in den vergangenen zwei Jahren entwickelt hat. Sie ist einzigartig.
Am Ende der Fahnenstange angelangt
Entstanden ist sie aus Unzufriedenheit. „Wir verwendeten bisher ein Transportmanagement-System (TMS), das kaum weiterentwickelt wurde und nicht mehr dem Stand der Zeit entsprach“, erinnert sich Daniel Langhann, IT-Projektleiter bei Hansetrans. Zwar funktionierte das System, doch richtig fit für die Zukunft war es nicht. „Die Geschäftsleitung wollte unseren Betriebsablauf durch digitale Dienste besser unterstützen und darum ein neues TMS einführen“, führt er aus.Das Wissen, nichts zu wissen
Einmal geäußert, stellte der Wunsch das Unternehmen vor die erste Herausforderung: Das Hansetrans-Team wusste, dass sie unzufrieden waren – aber wie die neue Software idealerweise aussehen sollte, davon hatten sie nur eine grobe Idee. Sie wendeten sich daher an die Bremer Digital-Spezialisten von HEC. Und die begannen zusammen mit Hansetrans eine minutiöse Kleinstarbeit. Innerhalb von 16 Wochen erfassten sie die kompletten Betriebsabläufe aller zwölf Hansetrans-Standorte in einem 127-seitigen Bericht. „Jede Niederlassung arbeitete anders, es gab große Unterschiede, wie unsere Dienstleistungen in der Praxis durchgeführt wurden“, erinnert sich Langhann an die unerwarteten Erkenntnisse. „Zudem hatten wir unzählige Medienbrüche – von Papier, zu Excel, zu E-Mail, zu unserer Software.“Neue Wege gehen
Was dann kam, überrascht Langhann bis heute: Denn normalerweise hätten die Logistiker von Hansetrans aus der Dokumentation ein Lastenheft erstellt und daraufhin eine Ausschreibung organisiert. „Allein das Ausschreibungsverfahren hätte jedoch viel Zeit in Anspruch genommen. Zeit die für die Entwicklung fehlt und damit die Auslieferung der Software verzögert“, so Langhann.Mit der HEC ließen sie sich deshalb auf eine für sie komplett neue Erfahrung ein. „Anstatt viel zu planen, haben wir einfach angefangen. Ohne Lastenheft, ohne Projektplan, ohne Bürokratie – dafür mit Workshops in den Fachbereichen, in denen die dortigen Expertinnen und Experten ihre Wünsche und Ansprüche formuliert haben“, erklärt Ulf Mewe, Business Analyst bei HEC. Der 36-jährige begleitete das Projekt in den letzten zwei Jahren.