Von Yvonne Kusi-Amoako
Alle sechs Monate übernimmt ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union die Präsidentschaft des Ministerrates der Europäischen Union. Nach der slowenischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2021 hat Frankreich zum 1. Januar 2022 die Ratspräsidentschaft übernommen und ist seit nunmehr einem Monat bereits zum insgesamt 13. Mal Inhaber dieses Amtes.
Gleichzeitig eröffnet Frankreich damit auch eine neue Trio-Ratspräsidentschaft mit der Tschechischen Republik (2. Halbjahr 2022) und dem Schwedischen Königreich (1. Halbjahr 2023). Gemeinsam haben die drei Länder ein 18-monatiges Programm entworfen, dass im Dezember 2021 vom Rat für Allgemeine Angelegenheiten genehmigt wurde. Es bildet mit der Strategischen Agenda 2019 – 2024 des Europäischen Rates den Rahmen für das Programm der französischen Ratspräsidentschaft, dessen Leitlinien mit dem Präsidenten des Rats, dem Europäischen Parlament und dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik erarbeitet wurde. Außerdem wurden auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Europäische Ausschuss der Regionen und die Sozialpartner abschließend konsultiert. Unter anderem stützen sich die Leitlinien auch auf das Arbeitsprogramm der Europäischen Union für das Jahr 2022.
Unter dem Programmnamen „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ hat Frankreich seine Prioritäten und Leitlinien für die bis zum 30. Juni 2022 andauernde Ratspräsidentschaft festgelegt und hat dabei drei große Schwerpunkte gesetzt:
- Ein souveräneres Europa:
- durch die Stärkung des Schengen-Raums, den Schutz der EU-Außengrenzen mit Unterstützung von FRONTEX, die Steuerung der europäischen Migration und eine verbesserte Asylpolitik, unter Wahrung seiner Werte und seiner internationalen Verpflichtungen;
- durch die Weiterentwicklung der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik für ein stärkeres und handlungsfähiges Europa;
- durch seine Aktion für den Wohlstand und die Stabilität der Nachbarstaaten der EU, insbesondere durch das Engagement im Westlichen Balkan und die Neugestaltung der Beziehungen zwischen Afrika und der EU; durch seinen Beitrag zur Bewältigung der globalen Herausforderungen um nachhaltigen Wohlstand zu schaffen
- Ein neues europäisches Wachstumsmodell:
- Sicherung Europa als Produktions- und Innovationsstandort, Schaffung von Arbeitsplätzen, Innovation und technologische Spitzenleistungen erreichen durch vollständige Umsetzung des EU-Aufbauplans „NextGenerationEU“, Einarbeitung einer koordinierten Strategie für Investitionen und Sicherstellung durch Strukturreformen;
- Vereinbarung von wirtschaftlicher Entwicklung der EU mit klimapolitischen Ambitionen durch gute Regulierungen und Innovationen, damit Dekarbonisierung der Wirtschaft erreicht werden kann, ohne Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, und unter Wahrung der sozialen Gerechtigkeit;
- Entwicklung der EU zu einer digitalen Macht, die Innovation und Wachstum der europäischen Akteure im digitalen Bereich unterstützt und gleichzeitig eigene Regeln für die digitale Welt aufstellt und globale Standards setzt, durch Besteuerung von Digital-Großkonzernen und die Regulierung digitaler Märkte und Dienstleistungen;
- Soziales Gleichgewicht durch hochwertige und besser bezahlte Arbeitsplätze, Kampf gegen Sozialdumping, Richtlinienvorschläge für angemessene Mindestlöhne in der EU;
- Ein humanistisches Europa:
- das den Anliegen seiner Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas Gehör schenkt;
- das für die Rechtsstaatlichkeit kämpft, sie verteidigt und seine gemeinsamen Werte fortführt,
- das stolz auf seine Kultur ist und einen unabhängigen Ausschuss für Europäische Geschichte einrichten möchte, um ein multilaterales Geschichtsprojekt zu schaffen
- das auf Wissenschaft und Wissen vertraut, durch das Voranbringen der Vorschläge der Europäischen Kommission zur Hochschulbildung und durch die Förderung der internationalen Zusammenarbeit der europäischen Universitäten
- das entschlossen ist, Diskriminierung zu bekämpfen und für die Zukunft seiner Jugend eintritt, durch z.B. die Einführung eines europäischen Zivildienstes.
Diese Leitlinien knüpfen an die Arbeiten der Ratspräsidentschaft des Vorgängerlandes Slowenien an. Durch die Pandemie und ihre Folgen gibt es einige verschärfte Herausforderungen, denen die EU schnell begegnen muss, deshalb wird in dem Programm besonders die Gesundheitssituation berücksichtigt und hervorgehoben. Zudem soll die Mehrsprachigkeit der Arbeit im Rat sowie bei in Frankreich abgehaltenen Veranstaltungen gefördert werden, um Menschen mit unterschiedlichen sprachlichem Hintergrund einander näherzubringen.
Frankreich hat ein ereignisreiches erstes Halbjahr vor sich. Es hat nicht nur die Verantwortung für die Ratspräsidentschaft zu tragen, sondern erwartet im April 2022 die nationalen Präsidentschaftswahlen sowie im Juni 2022 die Wahlen zur Nationalversammlung.
Mehr über das Programm und die anstehenden Termine finden sie unter folgenden Links:
Kontakt
Yvonne Kusi-Amoako
Tanja Baerman
Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa
Landesvertretung Brüssel
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