Nina und Dirk Wenig haben schlechte Erfahrungen gemacht. Mit einem Chatbot. 2017, vor der letzten Bundestagswahl, testete das Ehepaar den virtuellen Assistenten einer großen Volkspartei. Sie stellten dem System Fragen über Fragen. Ihr Wunsch: ernsthafte Antworten. Doch das Einzige, das sie erhielten, waren lustige Gifs. „Der Bot kannte nicht mal den eigenen Spitzenkandidaten“, erinnert sich Dirk Wenig. Und seine Frau Nina ergänzt: „Dabei waren alle nötigen Informationen auf der Website der Partei vorhanden, aber der Chatbot wusste nichts davon.“
Was macht ein Chatbot?
Das muss doch besser gehen, dachte sich das Wissenschaftler-Ehepaar, das gemeinsam am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen arbeitete. Also begannen die beiden Informatikprofis (sie Expertin für künstliche Intelligenz, er spezialisiert im Bereich Interaktionsdesign) mit der Erforschung von Chatbots. Dabei handelt es sich um Anwendungen auf Websites, in Messengern oder Sprachassistenten, die künstliche Intelligenz nutzen, um sich mit Menschen zu unterhalten. Besonders gern werden die virtuellen Assistenten im Kundenservice eingesetzt, wo sie häufig gestellte Fragen beantworten. Die Kommunikation erfolgt per Text oder automatisch generierter Stimme.Füttern erwünscht
Nina und Dirk Wenig entwickelten gemeinsam das selbstlernende System „IDA Bot“, mit dem jeder seinen eigenen Chatbot erstellen können soll – ohne spezielle IT-Kenntnisse. Der Vorteil: So können sich auch kleine und mittelständische Unternehmen einen eigenen Chatbot leisten. Denn die Firmen erhalten ein fertiges, einfach zu bedienendes System, das sie nur noch mit den richtigen Inhalten füttern müssen. „Man fügt Texte von der Website, aus Zeitungsartikeln oder Handbüchern ein“, erklärt Nina Wenig. „Das System filtert dann die wichtigsten Informationen heraus, um daraus relevante Fragen und Antworten abzuleiten.“ Ihr Mann vergleicht die Idee hinter IDA Bot mit der Entwicklung des Videoschnitts. „Früher gab es riesige Videoschnittplätze, die nur von Experten bedient werden konnten“, so der Informatiker. „Mittlerweile kann jeder am Smartphone professionelle Videos schneiden“. So einfach will es auch IDA Bot seinen Nutzerinnen und Nutzern machen, einen Chatbot zu erstellen.Vollzeit minus Kinderbetreuung
Die beiden Gründenden haben sich eine clevere Lösung einfallen lassen, die kleinen Unternehmen mit geringem Aufwand große Möglichkeiten eröffnen soll. Nina und Dirk Wenig sind so überzeugt von dieser Idee, dass sie im April ein eigenes Unternehmen gegründet haben, um die Entwicklung und Vermarktung von IDA Bot voranzutreiben. Während Nina Wenig weiterhin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bremen tätig ist, hat ihr Mann seinen Job gekündigt, um sich Vollzeit der Produktentwicklung zu widmen. Oder wie Dirk Wenig es lächelnd ausdrückt: „Vollzeit minus Kinderbetreuung.“ Denn pünktlich zur Gründung kam der Corona-Lockdown. „Und mit unseren beiden kleinen Söhnen zu Hause statt in der Kita, sind wir langsamer vorangekommen, als wir es uns gewünscht hatten“, erzählt seine Frau.Von der Uni in den Creative Hub
Zum Glück war das Paar in dieser schwierigen Gründungsphase nicht auf sich allein gestellt. „Das Transferzentrum der Universität Bremen hat uns bei allen Fragen rund um die Ausgründung großartig beraten“, so Dirk Wenig. Auch die Idee, sich um einen Büroplatz im Creative Hub zu bemühen, sei von der Uni gekommen. Nun sitzen sie im sechsten Stock des ehemaligen Bundeswehrhochhauses und teilen sich den Workspace mit 70 Start-ups, Künstlern und Kreativen. Zurzeit ist es wegen Corona ruhiger in den Räumen. Normalerweise proben hier Theatergruppen, Sportkurse trainieren, es treffen sich Integrations- und Migrationsvereine, Textilateliers schneidern und Start-ups tüfteln an frischen Ideen. Im Austausch miteinander werden Synergien geschaffen, gemeinsame Ideen geplant sowie Veranstaltungen organisiert.Vorteile des Standorts Bremen
Auch wenn die Wenigs in den vergangenen Monaten viel Zeit im Homeoffice verbringen mussten, haben auch sie bereits von den Vorteilen der kreativen Gemeinschaft profitiert. „Wir haben hier viel wertvollen Input bekommen und gute Kontakte geknüpft“, sagt Nina Wenig. So wurde ihnen zum Beispiel der Notar vermittelt, der ihnen bei der Gründung ihrer GmbH geholfen hat. „In Bremen passiert im Bereich künstliche Intelligenz insgesamt sehr viel Gutes“, ergänzt ihr Mann. Dazu gehörten zum Beispiel auch Initiativen wie Bremen.AI, über die man sich gut vernetzen könne. Auf die Frage, ob Bremen ein guter Standort für eine Gründung im Bereich künstlicher Intelligenz sei, antwortet Dirk Wenig ohne Zögern mit: „Ja, ganz klar. Wenn man von so vielen Seiten Unterstützung bekommt, ist man auf jeden Fall am richtigen Ort.“Lesen Sie auch:
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Inis Ehrlich
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