Maßnahmen im Bereich Forschung und Innovation
Die Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Unterstützung betroffener Sektoren sind in aller Munde. Dass der Großteil der Unterstützungsprogramme von Land und Bund kommen, ist zunächst einmal nachvollziehbar: viele Kompetenzen, etwa in den Bereichen Gesundheit, Katastrophenschutz oder Wirtschaftsförderung liegen auf nationaler und regionaler, nicht aber der europäischen Ebene. Dies in der Regel aus gutem Grund, weil diese Themen dort besser behandelt werden können, so besagt es das bekannte Subsidiaritätsprinzip.
Es ist einiges passiert in Brüssel
In letzter Zeit wurde dieses viel beschworene Prinzip jedoch zum Bumerang für die EU-Institutionen: Ihnen wurde im Zusammenhang mit Corona immer wieder Untätigkeit vorgeworfen. Das ist aus zwei Gründen unpassend: weil erstens die Mitgliedstaaten die in Rede stehenden Kompetenzen nicht auf die europäische Ebene übertragen haben und es zweitens dort, wo es möglich ist, eine ganze Reihe an bemerkenswerten europäischen Initiativen gibt. In loser Reihenfolge stellt die Landesvertretung Brüssel die wichtigsten Maßnahmen auf europäischer Ebene im Hinblick auf die Corona-Pandemie vor, beginnend mit denen im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Weitergehende Informationen finden sich in den Verlinkungen.
Kontinuierliche Grundlagenforschung ist das A und O
Notfälle im Bereich der Öffentlichen Gesundheit, im Besonderen Ausbrüche von Infektionskrankheiten, sind schon seit Jahren Gegenstand von Forschungsaktivitäten der Europäischen Kommission. Im Hinblick auf die Corona-Pandemie zahlt es sich derzeit aus, dass europäische Wissenschaftler*innen Themen zu Pandemien und Viren schon seit langem bearbeiten. 31 Millionen Euro sind durch das 7. Forschungsrahmenrahmenprogramm und 73 Millionen Euro durch Horizont 2020 in Projekte zu Coronaviren und andere Forschungsprojekte zu Viren investiert worden. Mehrere von der EU finanzierte Projekte, z.B. das Europäische Virusarchiv GLOBAL (EVAg) und das PREPARE-Projekt tragen derzeit zur Bewältigung der Krise bei. Der ERC (Europäischer Forschungsrat), welcher exzellente Forscher*innen und deren bahnbrechende Ideen unterstützt, fördert derzeit ca. 50 Projekte, die zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie betragen können.
Forschungsaktivitäten im Bereich von COVID-19 verstärken
Insgesamt sind die aktuellen COVID-19 Maßnahmen auf EU-Ebene im Forschungsbereich auf die Absicherungen der laufenden Arbeiten und Programme sowie auf die schnelle und effektive Verstärkung der Arbeiten im Bereich der Virus-, Pandemie- und Impfstoffforschung ausgerichtet. Am 30.01.2020 wurde die Ausschreibung “SC1-PHE-CORONAVIRUS-2020: Advancing knowledge for the clinical and public health response to the [COVID-19] epidemic” veröffentlicht, die zunächst mit einem Budget von 10 Mio. Euro ausgestattet war und dann angesichts der Pandemie auf 47,5 Mio. Euro erhöht wurde. Die Projektvorschläge wurden extrem schnell begutachtet, so dass bereits Anfang März die 17 ausgewählten Projekte (mit 136 Forschungsteams) mit der Entwicklung von diagnostischen Tests, neuen Behandlungsmethoden, der Impfstoffentwicklung etc. beginnen konnten.
Über die öffentlich-private Partnerschaft „Innovative Medicines Initiative“ (IMI) wurde zudem eine spezielle Aufforderung zur Einreichung von Projekten zur Entwicklung von Behandlungs- und Diagnosemethoden zur besseren Bekämpfung des Ausbruchs und zur Verbesserung der Vorbereitung auf künftige Ausbrüche geschaffen (Gesamtbudget nach Erhöhung: 117 Mio. Euro, davon 57 Mio. Euro über Horizont 2020 plus 45 Mio. Euro von der Pharmaindustrie). 144 Projektanträge gingen bis zur Einreichungsfrist Ende März ein; bereits am 12.05.2020 verkündigte die Kommission, dass acht groß angelegte Forschungsprojekte ausgewählt worden seien.
Umsetzung von Grundlagenforschungsergebnissen fördern und beschleunigen
Das European Innovation Council fördert derzeit verstärkt Start-ups und innovative KMU, die bei der Behandlung, Prüfung, Überwachung oder anderen Aspekten des Ausbruchs helfen können. Im Rahmen eines speziellen Aufrufs gingen im März 2020 mehr als 1.000 Anträge zur Thematik COVID-19 ein. Gleichzeitig werden besonders vielversprechende Ansätze zur Impfstoffentwicklung unterstützt. Am 16.03.2020 hat die Europäische Kommission dem Impfstoffentwickler CureVac bis zu 80 Mio. Euro finanzielle Unterstützung angeboten, um die Entwicklung und Produktion eines Impfstoffs gegen das Coronavirus in Europa zu beschleunigen. Insgesamt wird derzeit weltweit an mehr als 90 COVID-19 Impfstoff-Projekten gearbeitet.
Vernetzung und der Austausch von Erkenntnissen
Die Zusammenarbeit der Kommission mit anderen Forschungsförderern erfolgt u.a. über das Netzwerk „Global research collaboration for infectious disease preparedness“ (GloPID-R), welches ein wichtiges Element der Koordinierung von Aktivitäten ist. Im April 2020 hat die Europäische Kommission auch eine europäische Online-Plattform zum Austausch für COVID-19 bezogenen Forschungsdaten wie DNA-Sequenzen, Proteinstrukturen, klinischen Studien und epidemiologischer Ausbreitung ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Erforschung des Virus und die Entwicklung von Impfstoffen sowie bessere Formen der Diagnose und Therapie durch europäische Kooperation zu beschleunigen.
Neue Wege bei der Lösungsfindung beschreiten
Die Europäische Kommission hat unter der Leitung des Europäischen Innovationsrates (EIC) in enger Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten einen paneuropäischen Hackathon (#EUvsVirus Hackathon) ausgerichtet, um die Zivilgesellschaft, Innovatoren, Partner und Investoren in ganz Europa zusammenzubringen und innovative Lösungen für Herausforderungen im COVID-19 Zusammenhang zu entwickeln. Mehr als 20.900 Personen aus der gesamten EU und darüber hinaus nahmen teil. 2.150 Lösungen wurden in Bereichen wie Gesundheit und Leben (898), Business Continuity (381), Fernarbeit und Bildung (270), sozialer und politischer Zusammenhalt (452), digitale Finanzen (75) und andere Herausforderungen (83) eingereicht. Insgesamt 117 innovative Lösungen zur Bekämpfung des Coronavirus wurden nach den Kriterien Wirkungspotenzial (40%), technische Komplexität und Neuartigkeit (20%), Fertigstellung des Prototyps (20%) und Wirksamkeit des Geschäftsplans (20%) ausgewählt. Vom 22. bis 25. Mai findet dann ein Matchathon statt, um den Bedarf mit den verfügbaren Ressourcen und Finanzierungsangeboten abzugleichen.
Wissenschaftliche Beratung
Um bei den politischen Entscheidungen Expertenwissen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu nutzen, hat die Europäische Kommission einen Beraterstab zu COVID-19 etabliert. Das Expertenteam setzt sich aus sieben Epidemiologen und Virologen aus sechs Mitgliedstaaten zusammen (Experten: Arnaud Fontanet/Frankreich, Maria Rosaria Capobianchi/Italien, Marion Koopmans/Niederlande, Peter Piot/Belgien und aus Deutschland sind Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, und Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie der Berliner Charité, Mitglieder des Beraterstabs). Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und das Zentrum für die Koordinierung von Notfallmaßnahmen (ERCC) nehmen als Beobachter teil. Den Vorsitz haben Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Stella Kyriakides. Zudem hat Ursula von der Leyen den Ebola-Entdecker Peter Piot (auch „Mick Jagger der Mikroben“ genannt) zum Coronavirus-Sonderberater ernannt.
Mehr Finanzmittel bereitstellen, auch um mehr und schneller forschen zu können
Im Rahmen einer Online-Videokonferenz hat die Europäische Union am 5. Mai 2020 eine Geberkonferenz ausgerichtet, um die aktuell nötigen 7,5 Mrd. Euro (ca. 8 Mrd. USD) zur Finanzierung der Entwicklung und Produktion von COVID-19 Diagnostika, Therapien und Impfstoffen bereitzustellen sowie um den gleichberechtigten Zugang in allen Ländern der Welt zu sichern. Bereits in den ersten Stunden der Geberkonferenz wurden 7,4 Mrd. Euro durch Großspender (u.a. EU Kommission: 1,4 Mrd. Euro, Deutschland: 525 Mio. Euro, Frankreich: 500 Mio. Euro, Großbritannien: 442 Mio. Euro, Kanada: 780 Mio. Euro, Italien: 120 Mio. Euro) zugesagt.
Kontakt
Dr. Martina Hilger
Die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa
Landesvertretung Brüssel
T +32 2 282 00 73
martina.hilger@europa.bremen.de