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Corona-Soforthilfe: Rettungsanker, damit es weiter gehen kann

Ein Frau schaut durch zwei Baukastentürme

Luise Lübke, Baukasten Architektur- und Bauschule

von Nina Svensson

Restaurant oder Sushi Bar, Frisör oder Optiker: Die Corona-Krise hat jeden von ihnen unerwartet getroffen, die Schließung ihrer Geschäfte bedeutete einen kompletten Einnahmeverlust von jetzt auf gleich. Sechs Bremer Geschäftsleute erzählen, wie sie die Corona-Krise erleben und wie es dank der Soforthilfe überhaupt erstmal weiter gehen konnte.

Baukasten Architektur- und Bauschule: Ohne Schulunterricht keine Projekte

2011 hat Luise Lübke mit dem „Baukasten“ die erste und bislang einzige Architekturschule für Kinder in Deutschland gegründet. Bundesweit entwickelt sie gemeinsam mit Schulleitern und Lehrern Konzepte, mit denen Kinder jeden Alters Interesse und Verständnis für Architektur entwickeln. Aber wenn kein oder nur wenig Unterricht stattfindet, muss auch das schönste Architektur-Projekt abgesagt werden.

„In Finnland haben Architektur und Design einen hohen Stellenwert an Schulen und Bildungseinrichtungen. Das hat mich inspiriert, meine Architekturschule für Kinder zu gründen. Mit den Schulen erarbeite ich Konzepte, in denen es um Architektur, aber auch um Bauhandwerk, Sachkunde, Technik oder Umwelt geht. Das ist gerade für Schüler in der Berufsorientierung spannend, wenn sie entdecken, dass es neben Architekten auch Bauzeichner, Projektleiter, Ingenieure und Bauhandwerker gibt.

Seitdem die Schulen geschlossen wurden, wurden alle meine Projekte verschoben oder ganz abgesagt. Und es ist noch überhaupt nicht abzusehen, wann in den Schulen wieder regulärer Unterricht, geschweige denn Projekte stattfinden können. Ich war zunächst einfach nur geschockt und wusste überhaupt nicht, was ich tun sollte. Ich habe die Soforthilfe beantragt und das Geld war innerhalb von zehn Tagen auf meinem Konto. Das hat mir Luft zum Durchatmen gegeben, so konnte ich wenigstens Miete, Versicherungen und die Krankenkasse bezahlen. Die Kosten laufen ja weiter!

Ein paar Monate kann ich jetzt überbrücken und nun muss ich mir etwas für die kommende Zeit überlegen. Ich bin ein kreativer Mensch, aber das fällt mir in dieser Zeit schwer. Vielleicht entwickele ich eine ‚Corona-Version‘ meines Baukastens, so dass Schüler auch als geteilte Klassengruppe von zu Hause aus daran arbeiten können. Aber es ist schwierig, den Bedarf zu erkennen – keiner kann sagen, was Schulkinder in den nächsten Wochen und Monaten brauchen bzw. ob, wo und wie sie unterrichtet werden.“

Optiker Grau: Beratung „mal eben zwischendurch“ geht nicht mehr

Optikermeisterin Astrid Maack ist 59 Jahre alt und hat 2011 das Optikgeschäft Grau in Hemelingen übernommen. Ein Schritt, den die Optikerin mit viel Mut und Leidenschaft gemacht hat. 2017 ist sie mit dem Geschäft in die Hemelinger Heerstraße umgezogen, es lief stetig besser und Astrid Maack bildete 2019 erstmals Rücklagen. Doch das Geld ist nun weg.

„Als kleines Optikgeschäft hat man ohnehin schon zu kämpfen. Es ist so ein schöner Beruf, aber in der Selbstständigkeit braucht man heute leider auch viel Idealismus. An meinem neuen Standort lief es gerade richtig gut – und dann kam die Corona-Krise. Optiker wurden zwar als systemrelevant eingestuft und ich durfte mein Geschäft öffnen. Aber wie soll ich denn mit 1,5 Meter Abstand Augen ausmessen und eine Brille anpassen?

Kunden kamen mit Reparaturen, aber mehr auch nicht. Ich habe Ende März mit Hilfe meines Steuerberaters den Antrag für die Soforthilfe ausgefüllt und für meine zwei Teilzeitkräfte ab April Kurzarbeit beantragt. Mein Geschäft habe ich nur noch wenige Stunden am Tag geöffnet. Als die Soforthilfe vor Ostern noch nicht auf meinem Konto war, wurde ich unruhig. Hatte ich meinen Antrag richtig ausgefüllt oder war er vielleicht verloren gegangen? Aber kurz nach Ostern war das Geld dann da. Da die Miete bezahlt und somit die größte Sorge erst einmal weg war, konnte ich mich wieder auf mein Geschäft konzentrieren.

Corona und die Abstandsregeln werden uns noch eine Weile begleiten, also brauchte ich eine langfristige Lösung – und das sind Einzeltermine. Die Ladentür ist in der Zeit für andere zu und ich nehme mir die Zeit für den Kunden, so dass er in Ruhe alle Gestelle ausprobieren kann. Das Ausmessen mache ich mit Mundschutz. Und nach der Beratung plane ich ausreichend Zeit ein, um alles, was der Kunde berührt hat, zu desinfizieren. Das ist eine viel intensivere Beratung – so wie ich es mir als Optikerin wünsche.“

Soho Sushi: Hoffnung, dass Vertrauen in asiatisches Essen zurückkommt

Leyla Sensoy ist seit 2015 selbstständig. Sie hatte bis 2019 die Soho Sushi Bar bei Karstadt in der Obernstraße geführt und ist dann ins City Gate am Bahnhofsplatz umgezogen. Voller Hoffnung, sich am neuen Standort eine sichere Existenz aufzubauen.

„Ich bin mit meiner Sushi Bar in das City Gate gezogen, weil ich besorgt war wegen der Umbaupläne für die Innenstadt, und ich wollte mir gerne frühzeitig einen neuen Standort mit Stammkunden aufbauen. Das war im City Gate nicht ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber es fing gerade an, besser zu laufen. Doch schon im Januar wurde es schwieriger, als sich das Corona-Virus in China verbreitete und die Kunden unsicher wurden, weil ich ja asiatisches Essen zubereite.

Als es den ersten Todesfall in Bremen gab, kam von heute auf morgen niemand mehr. Das war echt extrem, ich musste mein Geschäft schließen. Aber die Kosten inklusive der recht hohen Miete liefen weiter. Meine Rücklagen hatte ich für den Umzug ins City Gate verbraucht und noch keine neuen gebildet. Hätte ich das alles gewusst, wäre ich nicht umgezogen. Aber nun ist es nicht mehr zu ändern.

Ich habe die Corona-Soforthilfe beantragt und den ersten Teil des Geldes auch ziemlich schnell bekommen. Es kommt wohl noch mehr, aber das reicht alles gerade mal für die Miete und andere Fixkosten.

Nun hoffe ich, dass der Förderkredit bewilligt wird, denn sonst geht es vielleicht nicht weiter. Ich habe seit ein paar Wochen wieder geöffnet, ich muss was machen, denn ich kann nicht einfach zuhause rumsitzen und mir Sorgen machen. Über Lieferando habe ich ein wenig Umsatz gemacht, aber es reicht bei weitem nicht. Ich hoffe, dass meine Kunden möglichst schnell das Vertrauen in asiatisches Essen zurückgewinnen und auch meine Stammkunden wiederkommen.“

Restaurant Napoli am Wall: Ungewissheit beginnt jetzt erst richtig

Peyman Nasserian hat das Restaurant Napoli am Wall 2014 übernommen. Seine Spezialitäten sind Fisch- und Fleischgerichte, er hat viele Stammkunden und bietet Plätze sowohl im Restaurant als auch auf der Terrasse an. Es hätte also alles ganz wunderbar weiterlaufen können. Doch dann kam die Corona-Krise.

„Anfang März lief das Geschäft noch recht normal, aber schon der zweiten Märzwoche änderte es sich schlagartig. Wir hatten dann zunächst nur noch mittags geöffnet, bis wir am 21. März komplett schließen mussten. Wir haben uns dann auch entschieden, weder Gutscheine noch einen Außer-Haus-Verkauf anzubieten. Gegrilltes Fleisch oder Fisch kann man schlecht zum Mitnehmen einpacken, das schmeckt zuhause einfach nicht mehr so gut. Außerdem wollte ich meine monatlichen Fixkosten genau kalkulieren und so kamen keine weiteren Kosten dazu. Wir haben gleich am 23. März den Antrag für die Soforthilfe eingereicht und die beantragte Höhe auch recht schnell bekommen. Damit konnten wir die laufenden Kosten wie die Miete für das Restaurant zahlen. Zusätzlich haben wir Kurzarbeit für unsere Mitarbeiter beantragt, alle möglichen Einsparpotenziale abgeklopft und die Umsatzsteuer gestundet. Es war mir wichtig, dass wir möglichst viel zahlen und wenig stunden, damit wir nicht so einen großen Batzen vor uns herschieben, den wir dann ja doch irgendwann bezahlen müssen. Darum hat uns die Soforthilfe genau richtig unterstützt und uns durch die vergangenen Wochen geholfen. Wenn wir demnächst wieder öffnen dürfen, beginnt die eigentliche Ungewissheit: Wie viele Plätze können wir anbieten, wie viele Gäste werden kommen? Welche Hygienevorschriften müssen wir einhalten? Wie viel Umsatz werden wir machen? Ich bin sehr gespannt und auch etwas unsicher, wie es laufen wird.“

Frisör am Waller Park: Wiedereröffnung frühzeitig geplant

Frisörmeisterin Sabine Lühmann hat das Geschäft "Frisör am Waller Park" im Juli 2000 von ihrer Schwester übernommen. Seit nunmehr 20 Jahren führt sie das Geschäft in der Emder Straße, hat eine seit 18 Jahren festangestellte Mitarbeiterin und hauptsächlich Stammkunden aus dem Stadtteil. Wegen der Corona-Beschränkungen musste sie ihr Geschäft von heute auf morgen schließen.

„Wir hatten aufgrund der Entwicklungen schon damit gerechnet, dass auch die Frisöre schließen müssen. Aber die Info kam dann ganz kurzfristig am Freitag, 20. März um 19 Uhr, dass wir schon ab dem 21. März, nicht mehr öffnen dürfen. Noch an dem Abend haben wir angefangen, unsere Kunden anzurufen. Einige standen am Samstag doch vor unserer verschlossenen Tür – es war für uns alle eine schwierige Situation. Als alle Kunden informiert waren, kamen die Gedanken: Wie sollte es weiter gehen?

Am 23. März haben wir den Antrag auf Soforthilfe gestellt und tatsächlich das Geld schon nach 8 Tagen bekommen. Das war eine große Erleichterung, und so konnten wir die laufenden Kosten weiter bezahlen. Für meine Mitarbeiterin hatten wir für April Kurzarbeit beantragt.

Parallel haben wir uns Gedanken um die Wiedereröffnung gemacht, ein der Lage angepasstes Hygienekonzept zusammengestellt und Masken, Umhänge, Desinfektionsmittel usw. bestellt. Dank der Soforthilfe konnten wir die benötigten Materialien ausreichend bestellen, das hat uns bei der Wiedereröffnung sehr geholfen. Am 5. Mai durften wir wieder öffnen, bis Ende Mai sind bereits alle Termine vergeben.

Aufgrund der neuen Vorgaben können wir jetzt weniger Plätze besetzen und müssen auch mehr Zeit für die neuen Arbeitsabläufe einplanen, wie zum Beispiel dafür, dass auch jeder Arbeitsplatz nach jedem Kunden komplett gereinigt wird. Aber wir sind froh, dass es nun weiter geht, und auch mit erhöhtem Aufwand und weniger Kunden kommen wir einigermaßen über die Runden."

Anna-Lena Töpel: Gründung in der Krise

Anna-Lena Töpel machte sich im Frühjahr 2020 als Texterin und Konzepterin selbstständig. Mit ihrem neuen Business schlitterte sie direkt in die beginnende Corona-Krise. Da es kein Zurück gab, musste es vorwärts gehen.

„Ich wollte vor allem mit Ausstellungskonzepten durchstarten. Museen, Bildungseinrichtungen und viele andere potenzielle Auftraggeber machten aber plötzlich dicht und es ist nicht klar, wann und wie es weitergeht. Geplante Projekte wurden gestoppt, mein Konto leerte sich immer mehr. Das war erst mal ein Schock. Ich konnte mich dann aber schnell wieder fangen.

Dabei geholfen haben mir die Gespräche mit dem Starthaus und der Austausch mit anderen Selbstständigen. Wir spielten gemeinsam durch, welche Möglichkeiten es geben könnte. Dazu gehörte auch, welche Bereiche man sich erschließen kann, die von der Krise nicht so stark betroffen sind. So bin ich dann an einen Auftrag als Texterin in einem spannenden Projekt gekommen, das die Themen Bildung und Digitalisierung verbindet.

Darauf wäre ich nicht gekommen, wenn ich mich nicht hätte umorientieren müssen. Für die Zukunft habe ich mir jetzt vorgenommen, mir an einem Tag der Woche Zeit zu nehmen, um mir Gedanken über neue Projekte zu machen – auch in Branchen, in denen ich bisher nicht unterwegs war.“

Eine Übersicht wie Bremer Unternehmen mit der Krise umgehen haben wir hier gesammelt.

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