
Start des LARUS-Flugsystems mit Sicherheitspilot, Bild: TU Dortmund
Jahr für Jahr fahren die Besatzungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mehr als 2.000 Einsätze auf Nord- und Ostsee, durchschnittlich sechs pro Tag. Die Seenotretter unterhalten 60 Rettungseinheiten auf 55 Stationen, bereit, Tag und Nacht auszulaufen – bei jedem Wetter.
Im Einsatz für Menschen in Seenot zählt jede Minute. Informationen, die frühzeitig Aufschluss über die Situation vor Ort geben, können von großer Bedeutung für die Seenotretter sein. Unbemannte Luftfahrtsysteme können schnell am Einsatzort sein und Daten übertragen.
„Auf See wird die Rettung an sich auch künftig durch Menschen in Seenotrettungskreuzern und Hubschraubern erfolgen. Unbemannte Luftfahrtsysteme können aber zusätzliche Kommunikationskapazitäten schaffen und aktuelle Lagebilder liefern“, schätzt DGzRS-Geschäftsführer Kapitän Udo Helge Fox Vorteile der Technologie ein.
Forschungsprojekt entwickelt unbemanntes Luftfahrtsystem
Die DGzRS hat die rettungsfachliche Koordinierung des Forschungsprojektes LARUS übernommen. Dessen Ziel war es in den vergangenen drei Jahren, einen flugfähigen Demonstrator zu entwickeln und über See fliegen zu lassen, um Kommunikation und Datenaustausch bei der Koordinierung von Such- und Rettungsmaßnahmen (SAR = Search and Rescue) zu verbessern. LARUS heißt auch das unbemannte Starrflügelflugzeug, das dazu vom Bremer Unternehmen Hanseatic Aviation Solutions entwickelt wurde. Es könnte die Seenotretter künftig aus der Luft unterstützen. Der Demonstrator mit 3,6 Metern Spannweite hat bereits mehr als 660 Seemeilen (rund 1.220 Kilometer) über See zurückgelegt und ist bei Windstärken bis sieben Beaufort bis zu 140 km/h schnell geflogen.
LARUS-System im Flug über der Ostsee, Bild: DGzRS
Live-Kamera und Fernüberwachung
„Mit dem LARUS-Demonstrator haben wir verschiedene optische und sensorische Systeme ebenso wie neuartige Konzepte für eine zuverlässige Funkvernetzung erprobt. Alle Komponenten senden Live-Informationen zum Boden, von wo aus der sichere Flugbetrieb ständig überwacht werden kann. Es geht darum, die Seenotretter mit sehr leistungsfähiger Technik für Einsätze unter besonders schwierigen Bedingungen zu unterstützen“, sagt der Koordinator des Forschungsverbundes Prof. Dr. Christian Wietfeld, Leiter des Lehrstuhls für Kommunikationsnetze an der Technischen Universität Dortmund. Das LARUS-System verfügt über einen eigens modifizierten Transponder für das in der Schifffahrt übliche Automatische Identifikationssystem (AIS). Damit kann es Ortungssender lokalisieren, wie sie in modernen Rettungswesten zum Einsatz kommen. Die AIS-Signale sind meist nur in kleinem Radius um die im Wasser befindliche Person zu empfangen. LARUS kann sie aus der Luft aufspüren und die Daten an Rettungseinheiten weiterleiten, die noch nicht vor Ort sind.Testflüge eine Deutschlandpremiere
Die für die Luftfahrt wie für die Seenotretter bedeutenden Testflüge sind bisher einzigartig: Erstmals wurde im deutschen zivilen Luftraum über See ein unbemanntes Luftfahrtsystem mit etwa 25 Kilogramm Abfluggewicht bewegt. Dazu wurden eigens großflächige, temporäre Flugbeschränkungsgebiete über der Ostsee eingerichtet. Einen großen Teil der bisher zurückgelegten Strecke flog das LARUS-System außerhalb der Sichtweite der Bodenstation in Höhen von bis zu 2.500 Fuß (rund 760 Meter), also bis zur Obergrenze des unkontrollierten Luftraums.
Größenvergleich des LARUS-Flugsystems mit einem Such- und Rettungshubschrauber des Typs Sea King der Deutschen Marine, Bild: DGzRS