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Auf Stippvisite im Bremer Digital Lab von ArcelorMittal

Das Stahlwerk ist größer als die Bremer Innenstadt

3.100 Beschäftigte, rund 3,5 Millionen Tonnen Stahl und ein Gelände von sieben Quadratkilometern: Das Bremer Stahlwerk im Norden der Stadt beeindruckt allein schon durch seine Größe. Ein umfangreicher Aktionsbereich für jeden, der sich dort mit Digitalisierung auseinandersetzt.

Und genau dafür hat das Unternehmen vor anderthalb Jahren ein eigenes Team eingesetzt. Dessen Aufgabe ist es, neue Digital-Technologien im Konzern einzuführen. Im vergangenen Jahr wurden zudem mit dem Digital Lab eigene Räumlichkeiten eingerichtet.

Digilabs – lokale Expertise nutzen

Digitalisierungsteams gibt es an vielen Standorten des internationalen Stahlproduzenten. Die Idee ist, dass jeder etwas zur Digitalisierung des Konzerns beiträgt. Der Ansatz: Statt eines zentralen Innovationsmanagements, das neue Technologien vorgibt, kann jeder Standort selbst herausfinden, welche Technologie ihn weiterbringt. In jedem Werk gibt es einen “Digital Officer”‘, dessen Aufgabe es unter anderem ist, Erkenntnisse mit denen anderer Standorte zu teilen und so für Wissensaustausch zu sorgen. In Bremen wird zusätzlich der Ansatz des Digital Labs verfolgt. Es ist somit eine Digitalisierung von unten. Großer Vorteil: Lösungen werden auch tatsächlich angewandt, da sie direkt aus der Praxis kommen.

RFID in der Teileverfolgung

Ein Beispiel hat Dr. Jens Ehm, der Leiter des Digital Labs in Bremen, gleich parat: Im Warmwalzwerk, einem kilometerlangen Gebäude, in dem Stahlblöcke zu Bändern gewalzt werden, wird der Einsatz von RFID-Tags erprobt. Diese kleinen Sender ermöglichen die berührungslose Identifikation von Objekten, ähnlich wie ein Barcode am Milchkarton. Im Werk werden sie an den Walzen angebracht, die den Stahl umformen und die regelmäßig gewartet werden müssen. „Bisher werden die Walzen per Hand beschriftet und dokumentiert. Mit den RFID-Sendern können wir den Weg der Walzen drahtlos und automatisiert verfolgen“, so Ehm. Das spart Zeit, Arbeitsaufwand und vermeidet potenzielle Verwechslungen.

Eigene Struktur für Experimente schaffen

Wie kommt so ein Projekt zustande? Da spielt das Digital Lab eine zentrale Rolle. Das rund 85 Quadratmeter große Büro ist mit einer Meetingecke, einer Workshopfläche, mehreren Arbeitsplätzen und neuen Technologien eingerichtet. Regelmäßig kommen hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Abteilungen zusammen und beschäftigen sich mit Digitalthemen. Sie können sich hier weiterbilden, experimentieren und kreativ werden. Aus einer vielversprechenden Idee entsteht dann ein so genanntes „Proof of Concept“, man könnte es auch als Machbarkeitsstudie übersetzen. Das Digitalisierungsteam entwickelt entweder gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen oder mithilfe externer Partner die Idee und baut einen ersten Prototypen. Funktioniert dieser und erweist sich das Konzept als aussichtsreich für die Produktion, endet die Konzeptphase und das Projekt wird in die Fachabteilung übergeben, die es dann weiter verfolgt.

Das Digital Lab ist damit eine Keimzelle, in der neue Ideen unabhängig vom Produktionsalltag aufblühen können. Digitalisierungsthemen haben ein eigenes Budget – wichtig, um Raum für Experimente zu schaffen. Denn natürlich haben nicht alle Innovationsprojekte Erfolg.

Datennetzwerk mit vielen Einsatzzwecken

Rund 30 Proof of Concepts sind bisher in verschiedenen Phasen in Arbeit. Ein Lieblingsprojekt von Jens Ehm hängt mit der Technik LPWAN, kurz für Low Power Wide Area Network, zusammen. Das ist ein Funknetzwerk, dessen Datenübertragungsrate sehr gering ist, dafür aber eine hohe Reichweite und einen extrem geringen Energieverbrauch hat. „Es eignet sich perfekt, um Sensoren auf unserem weitläufigen Firmengelände zu verteilen, die regelmäßig Statusmeldungen liefern.“ Das könnte der Standort eines Containers, der Stand eines Stromzählers oder die Höhe des Wasserstands in einem Schacht sein. Eine einzelne Antenne reicht für das gesamte Außengelände und tausende von Sensoren. Mit der Technik hat das Unternehmen so einen besseren Überblick über das Gelände und eine hohe Reaktivität.

Künstliche Intelligenz (KI) in der Stahlproduktion

Mit hohem Interesse wird bei ArcelorMittal Bremen auch die Debatte rund um die KI verfolgt: „Wir haben einen eher pragmatischen Ansatz, schauen, wo wir KI-Technologien tatsächlich einsetzen können. KI ist ein Hype-Thema – den Hype wollen wir überspringen und gleich in die reale Anwendung“, so Ehm. Im Bereich der Bilderkennung werden heute schon erste Anwendungsfälle erprobt. Dabei ist klar: „KI wird unsere Mitarbeiter in vielfältiger Weise, wie zum Beispiel bei der Arbeitssicherheit, unterstützen. Was wir derzeit entwickeln, sind Assistenzsysteme.“

Das Team nimmt regelmäßig an Veranstaltungen des Bremer KI-Netzwerks Bremen.AI teil. „Bremen ist ein starker KI-Standort und uns ist es wichtig, das Potenzial und den Stand der Technik zu erfassen. Aus diesem Grund tauschen wir uns auch mit anderen Digital Labs in Bremen aus“, so der Digitalexperte. So gebe es erste Ansatzpunkte mit dem Digilab eines weiteren großen Arbeitgebers in Bremen, weitere Kooperationen sind gewünscht.

Beispiel in Sachen Digitalisierung

Der Ansatz des Stahlkonzerns ist ein gutes Beispiel für den Weg in die Industrie 4.0: Neue Ideen und Lösungen werden von den Anwenderinnen und Anwendern eingebracht, welche die Herausforderungen ihres jeweiligen Arbeitsalltags am besten kennen. Die anfängliche Entwicklung erfolgt dann aber in einem geschützten Raum, der unabhängig vom Arbeitsalltag agiert und so erst die Chance zum Experimentieren bietet.

Und statt einer zentralen Vorgabe können einzelne Abteilungen eigenständig an ihren Herausforderungen arbeiten – was die Akzeptanz erhöht. Erst im Nachhinein werden Lösungen in den verschiedenen Produktionsbetrieben ausgerollt. All diese Faktoren zusammengenommen erlauben eine Digitalisierung bottom-up. Diese Strategie eignet sich daher auch für Mittelständler mit geringeren Mitteln – natürlich in einem kleineren Maßstab.

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Es muss nicht immer das eigene Digilab sein: Mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen bietet das Bundesland ein Digilab, in dem Experten zusammen mit den Unternehmen an Herausforderungen arbeiten und das eine Einführung in neue Technologien bietet.

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